Warum Traditionen manchmal überholt sind
Sobald Du Dich mit dem Räuchern näher beschäftigst, wirst Du früher oder später auch auf Internetforen stoßen, in denen Gleichgesinnte rege Ihre Erfahrungen und ihr Wissen austauschen. Dabei kommt es nicht selten zu Zank und Streit und oft werden Argumente vorgebracht, die eigentlich gar keine sind. “Das haben wir schon immer so gemacht” und “Früher ging es auch ohne diesen ganzen Quatsch” sind einige der Aussagen, die besonders häufig zu lesen sind.
Das ist allein deswegen schon Unsinn, weil die Grenzen zwischen Tradition und Neuerung meist vollkommen willkürlich gezogen werden. Wenn jemand z. B. gegen Starterkulturen in der Wurst wettert, beim Einsalzen aber Nitritpökelsalz verwendet, ist das mehr als inkohärent. Wenn schon traditionell, dann bitte nur mit Salz.
"Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers."
Dieses Zitat hat sich Diplom-Fleischsommelier Ronny Paulusch ausgesucht, um die Leidenschaft seiner Berufung zu umschreiben – und besser hätte er es nicht treffen können.
Sicherlich haben die Methoden von früher funktioniert und sie tun es auch heute noch. Jedoch ist die Zeit auch für das Handwerk des Räucherns nicht stehengeblieben und neue, wissenschaftliche und handwerkliche Erkenntnisse fließen ein.
So mancher verteufelt neue Methoden und Zutaten, weil sie ihm “zu industriell” sind. Dagegen ist nichts einzuwenden. Jeder soll dem Räucherhandwerk so nachgehen, wie es ihm am besten gefällt. Eines sollte man jedoch nicht tun: anderen das Neue schlechtreden – zumindest nicht ohne gute Begründung (zur Erinnerung: “Das haben wir schon immer so gemacht” ist kein Argument).
Um es deutlicher zu machen, möchten wir an dieser Stelle eine kleine Geschichte erzählen, die wir im Internet gefunden haben:
Die Geschichte vom Braten
Eine Frau bereitet einen Braten zu. Dabei schneidet sie die Enden an beiden Seiten ab und legt sie separat in den Bräter. Ihre Tochter sieht ihr zu und fragt: “Mama, warum machst Du das?”.
Die Frau überlegt kurz und Antwortet: “Oh, das weiß ich gar nicht. Ich habe es von deiner Großmutter gelernt und die hat es immer so gemacht. Ruf sie doch an und frag sie.”
Das Kind greift zum Telefon und fragt: “Oma, warum schneidest Du beim Braten immer die beiden Enden ab?”
Die Großmutter weiß es auch nicht. Auch sie hätte es so von Ihrer Mutter gelernt und ohne nachzufragen übernommen, lautet ihre Antwort.
Glücklicherweise ist die Urgroßmutter noch am Leben und die Familie sitzt eines Sonntags bei Kaffee und Kuchen beisammen. Als die Urgroßmutter gefragt wird, warum sie immer die beiden Enden des Bratens abgeschnitten hat, antwortet sie:
“Kinder, ich hatte einfach nur einen zu kleinen Topf und der Braten passte nicht hinein.”
Diese bezaubernde Geschichte macht auf charmante Weise klar, wie es sich auch mit dem Räuchern verhält. Es bringt nichts, alles einfach so zu machen wie immer, wenn man die Gründe dafür nicht kennt.
Als Anfänger sieht man sich natürlich einer schier unüberwindlichen Flut von Informationen gegenüber und durch diesen dichten, dunklen Wald muss man erstmal hindurch kommen. Deswegen wird man zu Beginn seiner Laufbahn als Räucherer erstmal Rezepte blind befolgen.
Wer sich aber die Mühe macht, die Zusammenhänge zu verstehen, wird mit der Zeit zu immer besseren Ergebnisse kommen. Derjenige kann dann das Feuer weitertragen und die Asche hinter sich lassen.
Wir wünschen frohes Räuchern!
1 Kommentar zu „Das haben wir schon immer so gemacht!“
Eine sehr schöne Geschichte. Was mir in allen Foren die Augen tränen läßt, ist nicht der Rauch, sondern der Weihrauch.
Das ist im Prinzip nicht schlimm. Bei soviel Rauch werden jedoch oft die Fakten vernebelt.
Aber das ist wohl menschlich. Ich räuchere jetzt schon etliche Jahre. Vor allem selbstgejagtes Wild. Da hat schon manchmal Lust und Frust nebeneinander gelegen. Aber ich bin dankbar, dass ich hier viele Anregungen bekommen habe.
Gut Holz