Dürfen selbstgemachte Fleisch- und Wurstwaren verschenkt werden?

Dieser Beitrag wurde verfasst von: Danyel

Einleitung

Eine Frage, die viele beschäftigt: ist es erlaubt, die hauseigenen, privaten Erzeugnisse an Freunde und Familie zu verschenken oder gar zu verkaufen? Die Antwort ist ganz einfach: jain! Doch bevor ich die Erklärung liefere, lass mich bitte ein paar Punkte klarstellen:

  • Ich bin keine Jurist und dieser Artikel ist keine Rechtsberatung. Ich interpretiere lediglich die Gesetzestexte nach meinem Verständnis.
  • Meine Recherchen beziehen sich auf das EU-Recht bzw. deutsches Recht. Es kann sein, dass in Deinem Land andere Bestimmungen gelten.
  • Ich mache hier niemandem irgendeine Vorschrift. Ich schaue lediglich auf die Gesetzestexte. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er sich nach meiner Einschätzung richten möchte oder nicht.

Zurück zum Thema. Bei der Betrachtung der Gesetzestexte dreht sich alles um den zentralen Begriff, des “Inverkehrbringens”, mit dem wir uns als nächstes befassen wollen.

Was bedeutet "Inverkehrbringen"?

Als erstes ist es wichtig zu verstehen, wie der Begriff “Inverkehrbringen” juristisch definiert ist. Wir haben dazu folgenden Text gefunden (siehe: inverkehrbringen im Wörterbuch):

"Inverkehrbringen" ist das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst;

Es ist also egal, ob Du Geld oder eine andere Gegenleistung für die Weitergabe Deiner Fleischwaren verlangst oder nicht: sobald eines Deiner Erzeugnisse die Türschwelle überschreitet, ist es in Verkehr gebracht. Damit wäre nun der Begriff geklärt. Aber ist das Inverkehrbringen für Hobbymetzger nun verboten oder nicht?

Inverkehrbringen ist generell erlaubt

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sagt:

Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der EG-Verordnung Nr. 178/2002 dürfen, sofern sie den in Deutschland geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprechen und nicht „neuartig“ im Sinne der VO (EG) Nr. 258/97 sind, grundsätzlich ohne weitere Genehmigung in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr gebracht werden. (Quelle)

Puh…schon wieder zwei Querverweise denen wir nachgehen müssen. Was sind denn Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der EG-Verordnung Nr. 178/2002? Schauen wir mal rein:

Im Sinne dieser Verordnung sind „Lebensmittel“ alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. (Quelle)

OK. Damit ist klar, dass unsere privaten Erzeugnisse wie Schinken, Speck und Wurst Lebensmittel sind. Aber sind sie auch “nicht neuartig” im Sinne der VO (EG) Nr. 258/97? Schauen wir mal rein:

Diese Verordnung findet Anwendung auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten in der Gemeinschaft, die in dieser bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und die unter nachstehende Gruppen von Erzeugnissen fallen:
 
c) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur
 
d) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen bestehen oder aus diesen isoliert worden sind;
 
e) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus Pflanzen bestehen oder aus Pflanzen isoliert worden sind, und aus Tieren isolierte Lebensmittelzutaten, außer Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten, die mit herkömmlichen Vermehrungs- oder Zuchtmethoden gewonnen wurden und die erfahrungsgemäß als unbedenkliche Lebensmittel gelten können;
 
f) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, bei deren Herstellung ein nicht übliches Verfahren angewandt worden ist und bei denen dieses Verfahren eine bedeutende Veränderung ihrer Zusammensetzung oder der Struktur der Lebensmittel oder der Lebensmittelzutaten bewirkt hat, was sich auf ihren Nährwert, ihren Stoffwechsel oder auf die Menge unerwünschter Stoffe im Lebensmittel auswirkt.
 
(Quelle)

Dass verstehe ich mal so, dass jede herkömmliche Zutat verwendet werden darf. Das selbst geklontes Schaf darf aber nicht verwurstet werden.

Jetzt kommt das große "Aber"

Das klang doch jetzt eigentlich alles ganz gut und man könnte auf die Idee kommen, dass das Inverkehrbringen privat erzeugter Lebensmittel kein Problem darstellt. Wenn da nicht dieser eine, gewichtige Nebensatz: “…sofern sie den in Deutschland geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprechen.”

Ab hier wird es richtig kompliziert, denn ab hier muss man genau auf das Lebensmittelhygienerecht schauen. Alleine der Blick in die Verordnung
zur Durchführung von Vorschriften des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts
hat einen entmutigenden Effekt: dort sind die hygienischen Anforderungen für alle Arten von Lebensmitteln separat aufgelistet und es wird unterschieden zwischen Primärerzeugnissen, Lebensmittel nichttierischen Ursprungs, Fischereierzeugnisse, Muscheln, Großwield und Kleinwild, Hackfleisch und Fleischzubereitungen und derer mehr. Und jedes Lebensmittel hat seine eigenen Anforderung, insbesondere auch an die Aufteilung und Beschaffenheit der Räumlichkeiten. So darf z. B. nicht im gleichen Raum zerlegt und verarbeitet werden, in dem geschlachtet wurde.

Der Umfang dieser Vorschriften hat einen großen Anteil daran, dass es kaum noch kleine Metzgereibetriebe gibt weil diese die hygienischen Anforderungen kaum noch in einem wirtschaftlich sinnvollen Rahmen erfüllen können. Da stellt sich die Frage, wie gut der Hobbymetzger das leisten kann? Zur Erinnerung: für das Inverkehrbringen müssen die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen erfüllt sein, egal von wem.

Das größte Killerargument ist in meinen Augen aber §4 (Schulung):

(1) Leicht verderbliche Lebensmittel dürfen nur von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die auf Grund einer Schulung nach Anhang II Kapitel XII Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/ 2004 über ihrer jeweiligen Tätigkeit entsprechende Fachkenntnisse auf den in Anlage 1 genannten Sachgebieten verfügen. (Quelle)

Fazit (und das zweite "Aber")

Da vermutlich nahezu 100% aller Hobbymetzger die fachlichen Voraussetzungen nicht erfüllen sowie die hygienischen Voraussetzungen nicht herstellen können, ist das legale Inverkehrbringen privat hergestellter Fleisch- und Wurstwaren m. E. ausgeschlossen.

Abschließend möchte ich aber nochmal daran erinnern, dass ich hier niemandem sagen möchte, was er/sie darf oder nicht. Ich wollte nur einen Blick auf die Rechtslage werfen. Vermutlich wird es niemals einen Kläger geben wenn man seinem besten Freund ein Stück der selbstgemachten Wurst in die Tasche legt oder wenn man seine Familie zu Weihnachten mit Pfefferbeissern beschenkt.

Natürlich kann es auch sein, dass ich mit meiner Einschätzung vollkommen falsch liege. Falls ein Jurist diesen Beitrag sattelfest ergänzen möchte, bin ich immer gerne bereit dies in Form eines Gasbeitrags zu veröffentlichen. In diesem Fall genügt eine e-Mail an mich.

Und egal wie die Rechtslage ist: ich wünsche weiterhin frohes Wursten und stets gutes Gelingen!

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